Vom fränkischen Klosterdorf zum Bamberger “Westend”
Seine Wurzeln hat Gaustadt, einer der jüngsten Stadtteile Bambergs, im zwölften Jahrhundert. Das frühere Landgut und spätere Dorf Gaustadt gehörte ursprünglich dem Kloster Michaelsberg. Nach urkundlicher Überlieferung im Jahre 1136 von Erchanbrecht, einem Stiftsherren am Neumünster zu Würzburg, dem Kloster Michaelsberg zu Bamberg gestiftet, hing in der Folgezeit das Schicksal Gaustadts aufs Engste mit dem des Klosters zusammen. In den Jahrhunderten nach seiner Gründung prägten Acker- und Weinbau, Viehzucht und Fischerei den Ort, bis 1858 der entscheidende Wandel mit der Inbetriebnahme der Mechanischen Baumwollspinnerei kam.
Etwa 1800 Arbeitnehmer beschäftigte das Unternehmen bis zum Ersten Weltkrieg. Als weitere Industriebetriebe siedelten sich die Ziegelei AGROB, die Brauerei Bürgerbräu – heute Kaiserdom-Brauerei – und die Lampenfabrik Rudolf Zimmermann im Ort an. So mutierte Gaustadt von der ländlichen zur Industrie-Gemeinde mit allen Konsequenzen für das Dorfleben. Der zu Wohlstand gekommene Industriestandort Gaustadt weckte schon beizeiten die Begehrlichkeiten der Bamberger Stadtväter.
Seit 1972: Stadtteil Bambergs
Bereits im Jahre 1919, als bekanntlich Bamberg kurzzeitig Regierungshauptstadt Bayerns war, gab es Verhandlungen, durch Eingemeindung von Gaustadt und Hallstadt einen Zugewinn von Flächen für Wohnbebauung und Industrieansiedlung für Bamberg zu erbringen. Mit Rückkehr des Bayerischen Parlaments und der Staatsregierung nach München gerieten die Eingemeindungspläne jedoch wieder in Vergessenheit – bis im Jahre 1972 an lässlich der Gebietsreform Gaustadt endgültig seine Selbstständigkeit verlor und in die Stadt Bamberg eingemeindet wurde.
Gaustadt: Ort der Bräuche & Traditionen
Die Belange Gaustadts wurden in der Folgezeit durch den Bamberger Stadtrat stets angemessen gewürdigt, was besonders den Distriktsstadträten zu verdanken ist, früheren Gemeinderäten, die nach der Eingemeindung in den Bamberger Stadtrat gewählt worden waren. Wohl deshalb kam es in den nachfolgenden Jahrzehnten zu einer Annäherung und stetigen Orientierung hin zur Stadt Bamberg. Dennoch oder gerade deshalb werden auch heute noch althergebrachte Bräuche, die zum Teil eng mit dem religiösen Leben verbunden sind, mit viel Hingabe gepflegt, um zumindest im kulturellen Sektor die Eigenständigkeit Gaustadts zu betonen. So wird an einer eigenen Fronleichnamsprozession, an einem Erntedankzug und Flurumgang festgehalten. Der Festzug zur Gaustadter Kirchweih ist der größte in ganz Bamberg. Die Existenz von sage und schreibe mehr als 50 Vereinen und Stammtischen dokumentieren lebendigen Bürgergeist und ein buntes soziales Leben.
Gelebte Integration
Auch mit dem Thema der Integration ausländischer Bewohner hatten die Gaustadter nie sonderlich Probleme, wohnten doch hier mit die ersten Gastarbeiter aus Italien, der Türkei, Spanien und Portugal. Über Jahrzehnte kennt man sich und ist sich mittlerweile freundschaftlich verbunden.